Wer durch das berühmte Löwentor schreitet, betritt nicht einfach eine Ausgrabungsstätte, sondern einen fast 3.500 Jahre alten Ort, der erstaunlich lebendig wirkt. Hier, in den Hügeln der Argolis auf dem Peloponnes, begann ein Kapitel der europäischen Zivilisation, das bis heute nachhallt – in Sagen, in Bauwerken und in der Vorstellungskraft vieler Reisender.
Eine Stadt wie aus dem Mythos – und genau das war sie auch.
Mykene war im 2. Jahrtausend v. Chr. ein Machtzentrum der Ägäiswelt. Bereits in Homers „Ilias“ wird über Mykene geschrieben, dass es reich an Gold sei.
Als Heinrich Schliemann im 19. Jahrhundert zu graben begann, bestätigte sich genau das: Er stieß auf Masken, Waffen und kostbaren Goldschmuck. Vor allem die berühmte „Maske des Agamemnon“, die zwar älter als der gleichnamige Sagenkönig ist, aber dennoch zum Symbol für Mykene wurde.
Die Verbindung zwischen Mythos und Wirklichkeit ist in Mykene besonders stark: Hier soll Agamemnon, der Anführer der Griechen im Trojanischen Krieg, gelebt haben. Und hier soll auch seine tragische Rückkehr stattgefunden haben, bei der er von seiner eigenen Frau erschlagen wurde. Ob wahr oder nicht: Der Ort erzählt diese Geschichten ganz von selbst.
Was du heute in Mykene sehen kannst
- Das Löwentor: Ein monumentales Stadttor mit zwei reliefierten Löwen, das älteste bekannte Monumentalrelief Europas.
- Die Königsgräber: In den sogenannten Schachtgräbern wurden unglaubliche Goldfunde gemacht. Heute sind Replikate im Museum vor Ort ausgestellt, die Originale befinden sich in Athen.
- Der Palastbezirk: Vom einstigen Regierungssitz sind nur noch die Grundmauern erhalten, doch allein der Blick über die Landschaft lässt erahnen, warum man hier ein Königreich errichtete.
- Die Schatzhäuser (Kuppelgräber): Das berühmteste ist das sogenannte „Schatzhaus des Atreus“ – eine riesige, präzise gebaute Kuppelgrabkammer mit beeindruckender Akustik und Atmosphäre.
Das Löwentor in Mykene
Das Archäologische Museum von Mykene ist klein, aber beeindruckend.
Es befindet sich direkt neben dem Ausgrabungsgelände, ist kein riesiger Bau, aber randvoll mit Geschichte. Hier kannst du das erleben, was draußen in der Sonne vielleicht schwer greifbar ist: Gesichter, Werkzeuge, Opfergaben und Kunstwerke, die einst Teil des Lebens in Mykene waren.
Zu sehen sind unter anderem:
- Töpferwaren
- Waffen
- Siegel
- bestattungsbezogene Funde aus den Schacht- und Kuppelgräbern
- kunstvolle Goldrepliken – die Originale liegen im Archäologischen Nationalmuseum in Athen
- liebevoll gestaltete Modelle, die dir helfen, die Ausmaße des einstigen Palastes zu verstehen.
Das Museum ist klimatisiert – allein deshalb lohnt sich bei Sommerhitze schon ein kurzer Besuch. Vor allem aber verleiht es dem Rundgang Tiefe: Hier wird deutlich, wie hochentwickelt diese frühe Kultur war – nicht nur in Kriegsführung und Architektur, sondern auch in Kunst und Ritual.
Die unterirdische Zisterne – Mykenes versteckte Meisterleistung
Etwas abseits vom Hauptweg liegt ein Ort, der leicht zu übersehen ist, der aber zu den faszinierendsten Bauwerken Mykenes zählt: die unterirdische Zisterne.
Eingang zur Zisterne in Mykene
Ein schmaler, dunkler Gang mit unzähligen Stufen führt dich tief unter die Akropolis, über 18 Meter in den Fels hinein – und das komplett ohne künstliche Beleuchtung. Der Weg ist schmal, steil und kühl. Unten angekommen, erreichst du einen uralten Wasserspeicher, der über ein ausgeklügeltes System mit einer unterirdischen Quelle verbunden war.
Was heute wie ein geheimnisvoller Gang wirkt, war einst überlebenswichtig für die Stadt, besonders in Belagerungssituationen. Zugang zu Wasser bedeutete Macht, Unabhängigkeit und einen strategischen Vorteil.
Tipp: Nimm eine Taschenlampe oder das Licht deines Handys mit und steig vorsichtig. Es ist schattig und rutschig, aber absolut lohnenswert.
Anreise & Reisetipps
Mykene liegt etwa eine Autostunde von Nafplio entfernt und eignet sich daher perfekt für einen Tagesausflug, besonders, wenn du historische Orte liebst. Parkplätze gibt es direkt an der Anlage. Im Sommer solltest du besser früh kommen, da es heiß und voll wird.
Unbedingt mitnehmen:
- Wasser, Sonnenhut, bequeme Schuhe (es ist teilweise uneben)
- Kamera – aber auch Zeit, um einfach zu schauen und zu spüren.
Warum Mykene dich nicht kalt lässt
Manche Orte spürt man mehr, als dass man sie sieht. Mykene ist so ein Ort. Vielleicht liegt es an der Windstille, an der Weite der Landschaft oder an der Vorstellung, dass genau hier vor Jahrtausenden Könige lebten, Kriege geschmiedet und Legenden geboren wurden.
Wenn du durch das Löwentor gehst, ist das kein gewöhnlicher Besuch. Es ist eine Reise zurück zu den Anfängen Europas – und ein Moment, der bleibt.